Dieser Film sagt natürlich nichts über Seneca (ca. 1 -65 u.Z.) oder die stoische Philosophie. Dafür umso mehr über uns – wir machen einen Film wie „Seneca“ von Robert Schwentke und die anderen sollen es noch lustig finden. Kaiser Nero wird darin als „Präsident“ bezeichnet.
Dabei gäbe es durchaus einige zählebige Mythen, die man dringend ausräumen müsste. Erstens den über die völlige Unfähigkeit Neros, der in dem jahrhundertelangen Konflikt mit den Parthern, einer persischen Volksgruppe die das von Alexander besiegte Imperium wieder errichten wollte, beachtliche Erfolge erzielt hat. Man könnte fast polemisieren, dass die damalige Feindpropaganda irgendwie zum Mainstream geworden ist nach fast 2 Jahrtausenden immer noch nachgebetet wird.
Zweitens über den Brand von Rom. Eine welterschütternde Katastrophe – dass die Stadtverwaltung Gegenbrände gegen die an unzähligen Stellen gleichzeitig entfachten Brandnester legen ließ, was man übrigens heute noch genauso machen würde, führte zu der Legende, der Kaiser habe den Brand selbst gelegt. In Wirklichkeit dürfte es sich um einen Racheakt der Parther gehandelt haben, die gerade erst nach 5 Jahren Krieg mit ihrem Versuch gescheitert waren, das mit Rom verbündete Armenien zu erobern (später der erste christliche Staat). Mit Bränden kannten sich die Parther aus: in einigen Landesteilen gab es spontan sprudelnde Erdölquellen, die auch gelegentlich mal Feuer fingen.
Nur die letzte in diesem Zusammenhang stehende Mythe glaubt heute niemand mehr: dass die Christen Rom angezündet hätten. Das Gerücht hatten die Römer selbst gestreut, um den wahren Brandstiftern den Triumph zu rauben. Selbst wenn sie es gewollt hätten - damit dürfte die gerade in Entstehung begriffene Religionsgemeinschaft ähnlich überfordert gewesen sein wie van der Lubbe anno 1933 mit dem Berliner Reichstag.
Tatsächlich gäbe es also genug Stoff für Filme, um uns zu unseren gegenwärtigen Problemen belehren zu lassen – zum Beispiel von Seneca: Der schrieb eine Komödie, als Neros Vorgänger Claudius (siehe „Ich, Claudius, Kaiser und Gott“) sich zum Gott erklärt hatte – in grandioser Selbstüberschätzung will dieser nach seinem Eintritt in den Olymp der Fiebergöttin Febris Vorschriften machen und als diese sich nicht darum schert, weist er in gewohnter Selbstherrlichkeit an, sie verhaften zu lassen. Herkules nimmt ihn mitleidig beiseite und versucht ihm zu erklären, dass das so nicht funktioniert.
Brechen wir noch eine Lanze für die Deutschen: wer außer den Sponsoren diese „schwarze Komödie“ wirklich erheiternd findet, wird sich nun nach der Berlinale erst noch zeigen müssen.
Hansjörg Rothe ist Mitglied im FDA LV Thüringen.