Hinter der Doppeltür trennte sich der Korridor: Rechts ging es zur Radiologie, links zum Sprechstundenempfang des HNO-Arztes. Obwohl die Schilder groß und bunt waren, halfen sie dem jungen Mann nicht weiter, der verbissen auf seinem Smartphone herumtippte.

„In 50 Metern rechts abbiegen“, säuselte die elektronische Stimme - dumm nur, dass bis zur Wand gerade mal vier Meter blieben.

„Kann ich helfen“, fragte ich, meine Jacke vom Bügel nehmend und zum Ausgang gehend.

„Nun, ich wollte eigentlich zum Bäcker und ein paar Käse-Sandwiches holen.“

Ich wusste genau, welche er meinte. Besagte Käse-Sandwiches waren das Markenzeichen des hiesigen Bäckers – meistens waren sie am Nachmittag ausverkauft. 

„Unterstes Stockwerk, raus auf die Straße, an der zweiten Kreuzung rechts. Die Technik hat schon recht“, sagte ich und zwinkerte.

Ich folgte dem Suchenden. Er trat in den Aufzug; ich nahm die Treppe. Da sich die Treppe spiralförmig um den Fahrstuhlschacht schlängelte und dieser gläsern war, konnte ich auf meinem Weg nach unten den jungen Mann weiter beobachten.

Bei jedem kurzen Etagenstopp hörte ich ein leises 'Die Route wird neu berechnet' – und als der arme Kerl im Erdgeschoss treudoof den Anweisungen folgend nochmal gegen die Glastür lief, war ich doch etwas beruhigt. Die Digitalisierung scheint in manchen Dingen der Komplexität einer dreidimensionalen Welt noch hinterherzuhinken. Bis die Dei ex Machina dieses Problem löst, habe ich immer noch gute Chancen, beim Bäcker ein Käse-Sandwich zu bekommen.

Oliver Guntner ist Mitglied im FDA LV Thüringen.