August 2023

Die Mauer muss weg

Im Jahre 1995 gab es keine Mauer. Über die in Berlin waren wir drübergestiegen – nun reisten wir mit preisgünstigen Bahntickets durch Europa, nach England ging es auf der Fähre von Ostende. Schließlich besuchten wir einen Freund in Jerusalem, der dort studierte. Wir nahmen uns ein Taxi und fuhren in die besetzten Gebiete nach Hebron, später dann im Bus nach Eilat am Roten Meer.

„ Die einzige Antwort dieser Generation muss sein, über die Mauer zu steigen“, hatte Ben-Zion Dinur geschrieben, bevor er 1951 Bildungsminister im neu gegründeten Staat Israel wurde und sich dabei auf eine Stelle im Babylonischen Talmud bezogen: „Die drei Eide von Rabbi Jose bar Hanina waren Eide, um das Exil zu befestigen. Sie wurden nun am Ende des Exils zurückgenommen und der Eid, `nicht über die Mauer zu steigen´, ist ebenfalls null und nichtig.“

Jose bar Hanina lebte wahrscheinlich um das Jahr 200 u.Z., folgende Sätze werden ihm zugeschrieben: „Was sind diese drei Eide? Eines, dass Israel keine Mauer errichten soll, eines dass der Herr, geheiligt werde sein Name, Israel verboten hat gegen die Nationen der Welt zu rebellieren und eines dass der Herr, geheiligt werde sein Name, den Nationen der Welt verboten hat, Israel zu stark zu unterdrücken.“ Das erste Gelübde wurde gemeinhin so interpretiert, dass Israel nicht en bloc in geballter Schlachtordnung – „als Mauer“ – ins Gelobte Land zurückkehren soll, jedem einzelnen stand es dagegen frei.  Dinur gebrauchte die uralte Parabel metaphorisch, um den Aufstand im Britischen Mandatsgebiet Palästina zu rechtfertigen – „to rise up over the wall“ war das erklärte Ziel und nach der Staatsgründung legte der Minister fest, das Exil sei nun nach mehr als anderthalb Jahrtausenden beendet.

Inzwischen kann man nicht mehr mit dem Taxi von Jerusalem nach Hebron fahren. Es wurde eine Mauer gebaut, vor nunmehr bereits 20 Jahren, diese heißt offiziell nicht „antifaschistischer Schutzwall“ sondern „israelische Sperranlage“. Peking ist in digitale Zonen unterteilt, die zu verlassen problematisch ist, da dann das ans obligatorische Smartphone gekoppelte Bezahlsystem nicht mehr funktioniert – Bargeld wird kaum noch akzeptiert. Die Stadt Oxford „experimentiert“ mit dem SmartZone-Modell um dadurch das Klima zu retten. Die einzige Antwort unserer Generation muss sein, all diese Mauern zu übersteigen.

Hansjörg Rothe ist Mitglied im FDA LV Thüringen.

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