Da ist der Befehl, und da ist einer, der ihn empfängt. Er steigt in seine Maschine, fliegt auf eine Stadt zu und wirft die Bombe ab. Dann fliegt er zurück, meldet den erfolgreichen Abschluss der Mission und legt sich schlafen. Er träumt schlecht. Die synthetische Nahrung ist daran schuld, sagt er sich. Der Arzt ist derselben Meinung.
Der nächste Tag bringt einen neuen Befehl, eine weitere Stadt, eine weitere Bombe, die nächste Nacht schlimmere Träume. Er fühlt sich krank. Es helfen keine Pillen. Ein neuer Befehl. Er fliegt. Die Bombe. Eine riesige Wolke, die er hinter sich lässt. Die Meldung. Die Müdigkeit. Aber er schläft nicht. Er hat Angst.
Die Befehle häufen sich. Er führt sie aus. Seine Pillenration wird verdoppelt. Trotzdem schläft er nicht, denn dann kommen die Träume. Das weiß er.
Täglich mehrere Flüge. Täglich die Unruhe bei der Rückkehr. Er nimmt die Befehle ernst. Er ist korrekt. Aber sein Gesicht ist bleich. Er verliert an Gewicht. Er hört auf zu reden. Wie viele Bomben, wie viele Städte? Er zählt nicht mehr. Es geht ihm schlecht. Er tut sich leid. Der Arzt diagnostiziert nur noch in Latein.
Dann Tage der Ruhe. Sein Zustand bessert sich. Er schläft ohne Störung, wirft die Pillen weg. Am Abend scherzt er mit den Kameraden. Einer erwähnt es beiläufig und lacht dabei: es gibt keine Städte mehr.
Helmut Blepp; *1959 in Mannheim, Trainer und Berater für arbeitsrechtliche Fragen; vier Lyrikbände; zahlreiche Beiträge in Zeitschriften und Anthologien.