
In den Lehren und Schriften jeder größeren religiösen Strömung findet sich ein Passus, der in seiner Form die Gläubigen dazu aufruft, Mutter und Vater zu ehren. Mit einer Lesung zum Gedenken an ihren 110. Geburtstag haben die vier Geschwister und Schreibende Anna-Maria Meussling, Martin, Friedemann und Georg Steiger ihrer Mutter Annemarie Steiger gedacht. Obwohl auch der Vater Herbert Steiger der vier Geschwister Erwähnung findet, sind die Texte stärker mit dem Leben und Wirken der Pfarrfrau, Organistin und Katechetin verwoben. Die vorgetragenen Stücke setzen dabei keine literarische und monumentale Gedenktafel an die Eltern, sondern bauen durch ihre unterschwellige Intertextualität und die nüchterne, aber herzliche Auswahl an Anekdoten und Pointen ein nuancenreiches Hintergrundbild auf. Dieses Hintergrundbild – ähnlich einem Bleiglasfenster in der Kirche – zeigt uns detaillierte Einblicke in das Leben der Angedachten. Es verrät uns nicht nur, wie das Leben des Ehepaares Steiger verlief; die Geschwister laden uns auch ein, an den Erfahrungen und Entdeckungen teilzuhaben, welche sie mit ihren Eltern gemacht haben. Dadurch erleben auch wir die Wertschätzung und Dankbarkeit der Kinder.
So unterschiedlich die vier Geschwister schreiben, so erweisen sich auch die erzählten Geschichten. Sei es die Begegnung mit dem aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrenden Vater, der für eines der Geschwister mehr Fremder als Vater war, sei es die rebellische Weigerung des Jüngsten, nicht zum Gottesdienst zu gehen und viel lieber mit den neuen Spielsachen zu spielen oder sei es ein ganzer Lebensabschnitt, der mit der Liebe zu den Heiligenfiguren beginnt und mit dem Berufsabschluss als Restauratorin ausläuft.

Alle Geschichten verbindet die Liebe, der Respekt und die Dankbarkeit zu den Eltern. Die Zuhörer erfahren und reflektieren, wie viel Zeit und Kraft Annemarie und Herbert Steiger in die Erziehung ihrer Kinder gesteckt haben; gleichzeitig sieht man die vier vor sich; alle gestandene Frauen und Männer, alle in warmen Erinnerungen an die guten wie die schlechten Tage schwelgend, alle auf ihre Art charmant und etwas lausbubenhaft beim erneuten Durchleben längst vergangener Tage. Ich persönlich denke ehrfürchtig an diese Veranstaltung zurück; sie hat mich über meine eigene Einstellung zu meinen Eltern reflektieren lassen. Zwar sind die äußeren Umstände meiner Kindheit aus den 90er-Jahren nicht mit dem Aufwachsen in der Kriegs- bzw. Nachkriegszeit zu vergleichen, doch laufen ähnliche charakterliche Entwicklungen ab: Obwohl ich relativ wenig gegen meine Eltern „rebelliert“ habe, war mir nicht bewusst, wie sehr sie mich und meine Ansichten, mein Verhalten und meine Sicht der Dinge vorgeprägt haben. Ich bin ihnen dankbar für diese Orientierungspunkte. Ohne die Hingabe und Leidenschaft, mit denen die vier Geschwister aus Gebesee ihre Gefühle niedergeschrieben und veröffentlicht haben, würde ich heute nicht im Kreis meiner Familie sitzen und Mutter und Vater so ehren, wie es ihnen gebührt.
Alle vier Geschwister sind, wie bereits erwähnt, literarisch tätig. Ihre Bücher sind im Netz zu finden, z.T. auch auf der Seiten der FDA Landesverbände Sachsen und Thüringen. Neben dem Gedenken an die Mutter lag und liegt den Vieren immer noch die Restauration der Hartung-Daniel-Orgel in Gebesee am Herzen.
Wenn Sie dafür spenden möchten, finden Sie nachfolgend alle wichtigen Daten. Eine Spendenquittung kann ausgestellt werden.
Spendenkonto: Evangelisches Kreiskirchenamt Erfurt
IBAN: DE93 3506 0190 1565 6090 80
BIC: GENODED1DKD
Als Einzahlungsgrund für Gebesee bitte angeben:
RT 23/Laurentiuskirche/Orgel
Name und Adresse des Einzahlers
Oliver Guntner, 31.12.2017
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